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2 Min. Lesezeit
Dr. Andreas Romberg : 22.05.23 15:12
Die Geheimnisse echter Zusammenarbeit - Teil 4
In den bisherigen Beiträgen haben wir die strukturellen und organisatorischen Aspekte der Kollaboration stark in den Vordergrund gestellt. Das ist jedoch nicht die volle Wahrheit. Ähnlich wie bei einem Eisberg spielen sich auch in der Zusammenarbeit wesentliche Dinge unter der Oberfläche ab.
Doch bleiben wir zunächst noch beim Sichtbaren, nämlich bei dem, was landläufig Shopfloor Management genannt wird. Damit ist die operative Führungsarbeit am „Ort des Geschehens“ gemeint, ursprünglich also in der Produktion. Mittlerweile hat sich das Verständnis ausgeweitet auf die „prozessnahe Führungsarbeit“ – unabhängig davon, um welche Art von Prozessen oder Projekten es sich handelt. So verstanden zielt das Shopfloor Management darauf ab, die Performance von Unternehmen und Organisationen zu steigern. Als griffiger Slogan: Durch Führungsexzellenz zur Prozessexzellenz.
Systematische und konsequente Führungsarbeit muss durch geeignete Instrumente unterstützt werden. Nur so können Entscheidungen zügig, realitätsnah und damit nachvollziehbar getroffen werden. Dazu tragen heute vor allem digitale Tools bei, die für die notwendige Transparenz i.d.R. in Echtzeit sorgen. Realitätsnähe heißt damit oftmals visuelles Management: Abweichungen werden zeitnah festgestellt, mit einem strukturierten Fehlerabstell- bzw. Problemlösungsprozess bearbeitet und führen dann zu schnellen, messbaren Verbesserungen im Arbeitssystem. Etabliert sich diese Art von Führungsarbeit in der Organisation, mündet das in einen breiten kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Optimierung wird zum Tagesgeschäft. Mit entsprechender Wirkung auf die Kennzahlen. Effizienz, Durchlaufzeiten, Qualität – ein Trend zum Positiven setzt meist zügig ein. Bis hin zur Wirkung auf den Unternehmensgewinn.
Doch lauern hier Gefahren, die den positiven Trend aufhalten, wenn nicht sogar umkehren können. Die Rede ist von Führungsfehlern, die ihren Ursprung wiederum in Fehlfunktionen der Organisation haben können. Da sind sie wieder, die Dysfunktionen, wie sie von der Forschung genannt werden[1].
Organisationen oder allgemeine soziale Systeme neigen dazu, am vermeintlich Bewährten festzuhalten. Ein Klassiker in diesem Zusammenhang ist das Beharren auf zentralisierten Entscheidungsprozessen und formalen Führungsorganen, die dem Tempo der digitalen Ära nicht mehr gewachsen sind. Nicht selten setzt sich das „Ancien Regime“ zur Wehr, indem es Führungsprozesse noch stärker regelt und zentralisiert. Das führt zu immer mehr Formalismen und immer stärkerer Kontrolle auf Seiten der Führung. Und zu einer angstgetriebenen Absicherungskultur in der Organisation. Jeder ist sich selbst der Nächste und ständig bestrebt, keine Fehler zu machen oder diese so gut als möglich zu verbergen. Das ist das Gegenteil von Transparenz, verhindert Verbesserungen und blockiert die Zusammenarbeit.
Wer A sagt, muss auch B sagen. Heißt: Wer auf digital unterstützte Führungsinstrumente und visuelles Management setzt, muss das gesamte System anpassen. Und das Verhalten der Führungskräfte. Es klingt platt, bleibt aber wahr: Ersetzen Sie Kontrolle durch Vertrauen, verlagern Sie Handlungsfähigkeit und Kompetenzen in die Teams. Und, vor allem, wechseln Sie vom Anweisen zum Coaching. Nur durch solche Änderungen in Kultur und Verhalten bekommen moderne Führungstools überhaupt die Chance, ihre Wirkung zu entfalten.
Das Paradigma frei verfügbarer Informationen steht geradezu sinnbildlich für unsere vernetzte Welt. Das gilt auch und vor allem innerhalb einer Organisation. Wer Teams oder einzelnen Teammitgliedern den ausreichenden Informationszugang verweigert, koppelt diese vom unternehmerischen Geschehen ab und entmündigt sie auf subtile Weise. Wiederum liegen die Ursachen nicht nur in sichtbaren Regeln, sondern auch im unsichtbaren – aber sehr wohl spürbaren – Verhalten der Führung. Und in einer Kultur, die zwischen Freunden und Feinden unterscheidet.
Noch einmal: Es ist nicht damit getan, moderne Führungsinstrumente einzuführen und auf deren automatischen Erfolg zu vertrauen. Veränderungen in Entscheidungsverhalten und Führungskultur sind zwingend erforderlich. Dieser Wandel ist nicht von der Stange zu kaufen, sondern muss schrittweise entwickelt und zur Entfaltung gebracht werden. Beginnend mit einer Entwicklung der Führungskräfte hin zu einem integrativen Führungsverhalten. Was die Wissenschaft als „transformationale Führung“ bezeichnet, beginnt mit der Fähigkeit, zuzuhören. Und die so gewonnenen Informationen nicht als Herrschaftswissen zu behalten, sondern an die Mitarbeiter weiterzugeben. Die technischen Mittel, Informationen auch über große räumliche Distanzen hinweg praktisch in Echtzeit fließen zu lassen, sind heute überall vorhanden. Man muss Partizipation und echte Zusammenarbeit nur ernsthaft wollen – und im Alltag der Arbeit nicht nur oberflächlich möglich machen.
Die Zukunft ist digital, die Basis bleibt Kultur. Wie Management und Zusammenarbeit unter diesen Bedingungen im Detail funktionieren können, lesen Sie im nächsten Beitrag "Zusammenarbeit verbessern mit Shopfloor Management".
Bleiben Sie dran.
Ihr Andreas Romberg
vom ValueStreamer-Team
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[1] Vgl. Blogbeitrag 3; "Wie Sie konstruktive Zusammenarbeit etablieren"
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